Straßenbahn „99“ fuhr von Lichtenrade bis zum Mehringplatz (II)

Während der Blockade wurden Züge nicht geheizt

Die Straßenbahn „99“ fuhr von Lichtenrade bis zur Endhaltestelle am Mehringplatz (ab 1954 bis Linden-/Jerusalemerstraße Jerusalem Kirche, heute Teil des Springer Verlagshauses) in Kreuzberg in Viertelstundentakt und dauerte etwa 43 Minuten. Sie bediente 9 Stationen.

War der Süden eher ländlich geprägt wurde die bebauung in Richtung Mariendorf dichter. Von Weitem sah man schon das 1927 in Stahlbetonskelettbauweise fertiggestellte Ullsteinhaus mit seinem 77 m hohen Turm. Die nächste Station der Straßenbahn war an der Kaiserin-Augusta-Straße.

Hier in der Friedrich-Wilhelm-Straße befand sich das Tempelhofer Straßenbahndepot, in dem bis zu 100 Straßenbahnfahrzeuge auf 16 Hallengleisen gewartet werden konnten. (Seit 2015 Einkaufszentrum abgehend vom Tempelhofer Damm mit Verbindung zur Friedrich-Wilhelm Straße.)

Vorbei am Postamt in Tempelhof aus dem Jahre 1915 fuhr die Straßenbahn zum Bahnhof Tempelhof. Hier gab es Möglichkeiten in die Ringbahn bzw. ab 1929 in die UBahn umzusteigen. An der nächsten Haltestelle, Dudenstraße, erreichte die Straßenbahn den UBahnhof Kreuzberg (heute Platz der Luftbrücke) und den Flughafen Tempelhof.

Die Fahrt ging weiter auf dem  heutigen Mehringdamm, vorbei an der Garde-Dragoner-Kaserne, dem heutigen Finanzamt, bevor sie am Mehringplatz ihre Endhaltestelle erreichte.

Bedingt durch die Beschädigungen des 2. Weltkrieges war die Beförderung nur noch in Teilen möglich. So war beispielsweise die kurz vor Ende des Krieges, gesprengte Stubenrauchbrücke am Ullsteinhaus, mit der Straßenbahn nicht mehr passierbar. Umständlich mussten die Fahrgäste hinunter zum Hafen, über eine Ersatzbrücke und hinter dem Ullsteinhaus wieder hinauf zur Straße laufen, um ihre Fahrt mit der Straßenbahn fortzusetzen. Auch in der Zeit der Blockade gab es wegen der Stromversorgung Probleme. So durften die Züge nicht beheizt werden oder nach 18 Uhr fahren.

och so sehr sich auch die Lichtenrader Bevölkerung noch 1928 über die Straßenbahn freute, entsprach sie zusehends nicht mehr den Geist der Zeit und andere moderne Verkehrsmittel sollten nun die Beförderung übernehmen. So wurde die Straßenbahn nach 33 Jahren durch den Autobus M 76 ersetzt. Am 1.10.1961 fuhr die „99“ unter Begleitung hupender Autos ein letztes Mal zum Straßenbahndepot in Tempelhof.

Nur noch die Endschleife an der Salvator-Kirche und die grünen Mittelstreifen am Lichtenrader/ Mariendorfer lassen erahnen, dass hier einmal eine Straßenbahnlinie fuhr, die Lichtenrade mit Berlin verband.

Marina Heimann

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